Full text: Band 1 (N.F.) (I=37)

Die weltliche Schatzkammer in Wien. 
bestimmung ergibt. Das Arnulfaltärchen ist in Rheims, das Giselakreuz in Regensburg entstanden. Für die 
Krone wurden, außer Sizilien und Italien, Trier und Mainz als Entstehungsorte in Anspruch genommen. 
Ist aber die Krone tatsächlich die burgundische, so wäre es doch wohl am wahrscheinlichsten, daß sie in 
dem Lande, zu dessen höchstem Herrschaftszeichen sie ausersehen war, angefertigt worden ist. 
Genauer zu datieren wären dagegen das Reichskreuz, das kleine Kreuz und der Bügel der Krone. Sie 
wurden zweifellos noch Ende 1032 bestellt, nachdem König Rudolf von Burgund am 6. September dieses 
Jahres gestorben war. Was den Entstehungsort des Kreuzes anbelangt, so möchte ich nach wie vor an 
Bayern (Regensburg, Bamberg) festhalten. Die Filigrankegelchen, die nach Schmid auf Metz und Toul hin- 
weisen, scheinen mir angesichts der vielen und verschiedenen Gegenstände, die mit ihnen geziert sind, allein 
doch noch nicht zu genügen, sich für eine solche Lokalisierung zu entscheiden, und zwar dies umso weniger, 
als von den drei Stücken, die Schmid mit Metz in Zusammenhang bringt, dem Codex von Poussay, der 
Kunigundenkrone und dem Kreuzreliquiar Heinrichs II., eigentlich nur das Buch, dessen Einband hier in 
Betracht kommt, mit voller Sicherheit auf Metz zurückgeführt werden kann. 
So stellt sich mir die Herkunft von Kaiserkrone und Reichskreuz eigentlich gerade umgekehrt dar, als 
dies von den zwei Forschern, die zuletzt über diese beiden verehrungswürdigen Kostbarkeiten gehandelt 
haben, angenommen wurde. Otto v. Falke versetzte die Entstehung der Krone nach Deutschland, nach Mainz, 
ich selbst halte sie für eine burgundische Arbeit. Wolfgang M. Schmid denkt zuletzt, wenn ich ihn richtig 
verstehe, wegen der Filigrankegelchen auch beim Reichskreuz an Lothringen, während ich der Meinung bin, 
es sei in Deutschland, Regensburg oder Bamberg, angefertigt worden, was ja früher offenbar auch Schmids 
Meinung gewesen ist. 
Vier Anmerkungen zur deutschen Kaiserkrone. 
I. 
Schlosser tut, als er die Krone bespricht, auch des »Weisen« Erwähnung, jenes berühmten, sagenhaften 
Steines, der sie einmal geziert hat. Er sagt einerseits, gleich Murr 258 , dieser Stein sei unter dem angesteckten 
Kreuz gesessen, und andererseits, er sei 1764 bei der von Goethe beschriebenen Krönung Josefs II. zum 
deutschen König in Frankfurt a. M. verloren gegangen und durch einen Hyazinth ersetzt worden 259 . An der 
Stelle aber, wo Schlosser, wie ich glaube, mit Recht den ehemaligen Sitz des »Weisen« vermutet, befindet 
sich heute kein Hyazinth, sondern ein Ceylon-Saphir. Es ist derselbe Stein, von dem schon oben anläßlich 
der Befestigung des kleinen Kreuzes die Rede war. Bei der Krönung im Jahre 1764 ging tatsächlich ein 
Stein der Krone verloren, der dann auch wirklich auf Befehl des Kaisers Franz I. von Lothringen durch einen 
anderen ersetzt wurde. Darüber berichtet ein vom 9. April 1764 datiertes und vom Reichsfürsten Colloredo 
unterfertigtes Zertifikat in den Akten der Schatzkammer. Aber darin heißt es ausdrücklich, daß bei der 
Krönung »ein Stein am hintern Ruck-Blat, und zwar von ersterer Größe aus Kaysers Caroli Magni Crone 
verlohren gegangen« sei. Auf der hinteren Platte ist deutlich zu ersehen, daß der zweite große Mittelstein 
von oben erst später eingefügt wurde. Er hat eine sonst auf der Krone nicht mehr vorkommende Fassung, 
nämlich ein Goldband, daß sich genau seiner p’orm anschmiegt und ihn ganz umschließt. Von den vier 
Krallen, die ihn ursprünglich gehalten haben, sind zwei weggebrochen. Der Ersatzstein ist wahrscheinlich 
ein Hyazinth. In dem oben angeführten Zertifikat ist von dem in Verlust geratenen Stein nur als von einem 
Stein erster Größe die Rede. Daß es der berühmte »Weise« gewesen sei, davon steht in der Urkunde keine 
Silbe. Wäre er es gewesen, so würde dies zweifellos ausdrücklich hervorgehoben worden sein. Dagegen 
steht in Johann David Köhlers bereits 17 5 1 ? also dreizehn Jahre vor Josefs II. Krönung, erschienener Teutscher 
Reichs-Historie 260 folgendes zu lesen: »Hierauf händigte ihm (i. e. Karl IV. von Luxemburg) A. 1350 Ludwig 
von Brandenburg die Reichskleinodien aus, jedoch mit dem Beding, daß er sie entweder nach Nürnberg 
oder Frankfurt wieder zur Verwahrung liefern sollte; welches er aber nicht tat, sondern sie mit sich nach 
Böhmen nahm, und daselbst, wie man für gewiß sagt, den sogenannten weißen Stein, welches der kostbarste 
gewesen, aus der Kaiserkrone genommen, und ihn in die böhmische setzen lassen.« Nach dem Grimmschen 
Wörterbuch, wo unter dem Schlagwort »waise« ausführlich über den wunderbaren Stein in der deutschen 
258 Beschreibung der Reichskleinodien, S. 3 f. 
259 Schatzkammerwerk, S. 49. 
260 I. Periode, VI, pag. 308. 
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