Full text: Band 1 (N.F.) (I=37)

Die weltliche Schatzkammer in Wien. 
Sucht man aus diesem Vergleiche des Reichs 
kreuzes mit den herangezogenen Kreuzen, von denen 
sich immerhin einige, insbesondere die Kreuze in 
Essen, im Weifenschatz und in St. Paul, ziemlich 
sicher datieren lassen und vom Ende des io. bis 
zum Ende des 11. Jahrhunderts reichen, einen Schluß 
zu ziehen, so muß der dahin lauten, das das Reichs 
kreuz dem 11. Jahrhundert angehört, der darauf ge 
nannte Konrad daher nur Konrad II. der Salier sein 
kann und es demzufolge wieder spätestens vor 1039 
entstanden sein muß. 
Die Schriften auf dem Kreuze. 
Das Hexameterpaar auf den Schmalseiten des 
Kreuzes lautet: 
»eCCG : CRVC6M : DOMINI ■ FVGIAT : PARS ■ 
HOSTIS : INISVI : + 
HINE : CHV0NRAD6 1 TIBI : CEDANT : OMNES : 
INIMICI • « [Mb. 12). 
Was die Buchstabenformen anbelangt, so ist 
diese Schrift in der Gesamtwirkung am verwandte 
sten der auf der berühmten goldenen Altartafel im 
Musée Cluny zu Paris, die Pleinrich II. zu Beginn 
des II. Jahrhunderts (1006 brachte er Basel zum 
Reich) in das Baseler Münster gestiftet hat 186 . Hier 
wie dort derselbe an die besten Zeiten der Antike 
oder der Renaissance erinnernde vornehm einfache 
und geschmackvolle, fast möchte man sagen: luftige 
Eindruck. Die Einzelheiten der Buchstaben sind 
ebenso gegeneinander wohlabgewogen, wie die 
Zwischenräume zwischen den einzelnen Lettern an 
genehm wirken. Beidemale ist das O nahezu kreis 
rund, läßt das M seinen spitzen Bauch nicht bis auf 
den Boden hinabhängen, haben die E und F den 
mittleren Querstrich ebensoweit vorgestreckt wie 
den oberen und den unteren, beziehungsweise nur 
den oberen, ist namentlich das N auffallend breit, 
Abb. 15. Gravierung an der Rückseite des Reichskreuzes. fast einem Quadrate einzuschreiben und springt 
(Oberer Teil des Stammes.) beim B das untere Rundbäuchlein merklicher vor 
als das obere. Hier wie dort nimmt man an dem 
dickeren Schaft deutlich die Verjüngung nach unten wahr. Dagegen hat das A auf dem Altar im Musée 
Cluny einen einfachen wagrechten Querstrich, während er hier v-ähnlich gebrochen ist. Wechselt hier das 
unziale 6 mit dem E quadrata, das unziale C mit dem E quadrata, so kommt dort neben dem unzialen 
C ein I!) (=G) vor, das deutlich einen senkrechten Schaft und oben und unten Querstriche zeigt, die in 
rechten Winkeln davon abzweigen. Auf dem Baseler Altar ist das Q gewöhnlich geschrieben, auf den 
Schmalwänden des Reichskreuzes wird es durch das Minuskel-q, das einem verkehrten Majuskel-P gleicht, 
ausgedrückt. Ligaturen (Mi) und klein geschriebene Buchstaben (s und v), wie sie auf dem Altar Heinrichs II. 
Vorkommen, gibt es, wohl wegen des reichlicher zur Verfügung stehenden Raumes, in der Schrift an den 
Schmalwänden des Reichskreuzes nicht. 
186 Die beste Abbildung bei Molinier, 1. c., Taf. V. — Vgl. Otto v. Falke in Lehnerts Illustrierter Geschichte des Kunst 
gewerbes, Bd. I, S. 234 f.
	        
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