Die weltliche Schatzkammer in Wien.
»Die Perlen und Steine des Bügels (der Krone) gehören dem Anfang des 11. Jahrhunderts an. Es kann nur
Konrad II. gemeint sein, der nach einer Urkunde der Trierer Kirche eine Schenkung machte, also zu Trier
in besonderer Beziehung stand. Fassung der Steine und die Ornamentik der Verzierung deutet gleichfalls
auf Trier.« Dazu komme noch die Technik des gesamten Zellenschmelzes, die, da sie auch die Langseiten
des Trierer Andreasaltares und die gleichfalls in Trier entstandene Severinsplatte in Köln zeigen, ebenfalls
auf Trier hinweisen. Auf dem Sitz des Heiligen und einem Felde der Krone kehre das Kreisornament des
Gothaer Buchdeckels wieder.
19x3 ergreift Otto v. Falke 24 wieder das Wort und weist nach, daß auf dem Mainzer Goldschmuck
dieselben »Bienenkörbe« (Hohlkegel aus spiralig gedrehtem Golddraht) Vorkommen wie auf dem Goldeinband
und dem Lotharkreuz des Aachener Münsterschatzes (beide aus der Zeit Ottos III.), auf dem unbezeichneten
Goldkreuz und dem Schwertgriff in Essen, auf dem Regensburger Kreuzreliquiar Heinrichs II., auf den Einbänden
zweier Reichenauer Evangelien, von denen eines für Otto III. geschrieben wurde, beide in München, auf dem
Einband des Metzer Evangeliars (M. lat. 9383) in Paris und auf der deutschen Kaiserkrone und dem Reichskreuz.
Dann fänden sich an dem Mainzer Goldschatz auch dieselben Türmchen (Goldröhrchen, die oben Pyramiden
aus vier Goldkügelchen tragen) wie auf dem Kreuzreliquiar Heinrichs II. und auf der Kaiserkrone und dem
Reichskreuz. Ferner sei dem Mainzer Goldschmuck und der deutschen Kaiserkrone die Fassung der Edel
steine mit dreizehigen Goldkrallen gemeinsam, die schon in karolingischer Zeit, z. B. auf dem Rheimser Tragaltar
Kaiser Arnulfs in der Reichen Kapelle zu München, dann auf dem Regensburger Giselakreuz Vorkommen.
Schließlich stimme auf den Mainzer Kleinodien und der Krone die Fassung der Perlen überein. Krone und
Kreuz seien wie der Frauenschmuck 1025 in Mainz entstanden.
1917 identifiziert Richard v. Kralik den Chuonradus der Krone mit Konrad III. 25
1918 macht sich Julius v. Schlosser 26 nicht ganz ohne Zögern und unter Hinweis auf die Not
wendigkeit weiterer Forschungen »auf diesem noch sehr im argen liegenden Gebiet« Falkes Ausführungen
soweit Krone und Reichskreuz in Betracht kommen, zu eigen (S. 51 und 53)-
Neuere Literatur über das Reichskreuz.
1790 wiederholt Christoph Gottlieb v. Murr 27 , was er schon vorher in seinen »Merkwürdigkeiten
Nürnbergs« gesagt hat, und deutet, fußend auf Siegmund Meisterlins Chronik, die er nur in ihrer von
Kanzler Ludewig im VIII. Bande seiner Reliquiae Manuscriptorum publizierten lateinischen Fassung kennt,
den Chuonradus des Kreuzes auf Konrad III., der das Reliquiar vermutlich zwischen 1137 und 1147 au f
Betreiben des heiligen Bernhard habe hersteilen lassen.
1858 hält es Römer-Büchner 28 für wahrscheinlich, daß der Chuonradus des Reichskreuzes Konrad III. sei.
1864 erklärt sich auch Bock in seinen »Reichskleinoden« (S. 141) für Konrad III.
Auch Quirin v. Leitner 29 schreibt im großen Schatzkammerwerk 1870—1873 das Reichskreuz
Konrad III. zu.
Dasselbe tun von 1872 bis 1918 die offiziellen Wiener Führer durch die kaiserliche
Schatzkammer.
1895 setzt Wolfgang M. Schmid das Kreuz auf Grund der Akanthusfassungen, der Filigrankegel und
der drei (sei. Gold-)Perlen mit Entschiedenheit in die Reihe der ottonisch-henricischen Goldschmiedearbeiten.
Die Inschrift nenne zwar einen Kaiser Chuonrad; aber es sei der Fall nicht undenkbar, daß sie erst längere Zeit
nach der Fertigstellung des Kreuzes angebracht wurde oder daß das Kreuz noch von Heinrich II. bestellt, aber
erst unter Konrad II. (1024—1039), der jedenfalls unter Chuonrad zu verstehen sei, vollendet wurde 30 .
24 Der Mainzer Goldschmuck der Kaiserin Gisela. Herausgegeben im Aufträge des Deutschen Vereins für Kunstwissen
schaft. Berlin 1913.
25 R. v. Kralik, Die österreichischen Kronen, ihre Geschichte und ihre Bedeutung. Die österreichische Kaiserkrone und
Hauskrone. 2. Auf!., Innsbruck 1917, S. 25.
26 1. c., S. 51.
27 Beschreibung der sämtlichen Reichskleinodien und Heiligthümer. S. 77 ff.
28 1. c., S. 54. — 29 1. c„ S. 28.
30 Wolfgang M. Schmid, Deutsches Kunstgewerbe um das Jahr 1000. S. 49. In der Zeitschrift des bayerischen Kunst-
Gewerbe-Vereins in München. Jg. 1895, S. 45 ff-
Für die Kenntnis dieser ebenso wichtigen wie versteckten Arbeit schulde ich meinem jungen Freunde Ernst Kris
herzlichen Dank.