Die weltliche Schatzkammer in Wien.
vermerkt 4 . Nun gibt es einen Nürnberger Ratsverlaß, aus dem hervorgeht, daß 1489 Albrecht Dürer d. Ä. und
Ludwig Krug d. Ä. mit der Anfertigung von Bechern für den Kaiser beschäftigt waren 5 . Vergleicht man nun
ein bekanntes Blatt aus dem Dresdener Dürerkodex, das zuerst von Bruck 6 und dann von Wölfflin 7 und
E. W. Braun 8 abgebildet wurde, mit unserem Becher, so wird man zugeben müssen, daß die Formensprache
hier wie dort äußerst verwandt ist. Mit aller gebotenen Vorsicht sei daher hier die keineswegs sicher
begründete, aber darum nicht weniger lockende Vermutung ausgesprochen, daß der auf dem Altdorferischen
Holzschnitt abgebildete Becher der Maximilianspokal unseres Museums und eine Arbeit Albrecht Dürers d. Ä.
nach einem Entwurf seines großen Sohnes sei.
DIE DEUTSCHEN REICHSKLEINODIEN.
Von den dermaligen Beständen der weltlichen Schatzkammer sind die »Kleinodien und Heiligtümer
des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation« derjenige, welcher noch keine vollen hundert Jahre in
Wien öffentlich zu sehen ist. Davon sind die drei Stücke, die in Aachen aufbewahrt gewesen waren, das
Evangeliar, der Säbel Karls des Großen und das Reliquiar, das Erde, die mit dem Blute des heiligen Stephan
getränkt ist, enthalten soll, von der Reichshofkanzlei am 14. Juli 1801 dem damaligen Schatzmeister Leopold
Edlem v. Wolfskron übergeben worden, alle übrigen, heute noch vorhandenen und aus Nürnberg stam
menden Insignien und Reliquien sind am 29. Oktober 1800 samt den Originalverzeichnissen des Losungs
amtes der Stadt Nürnberg, datiert vom 22. Juli und vom 27. September 1796) von dem k. k. Geheimen
Rat Freiherrn v. Hügel dem Schatzmeister Wolfskron eingehändigt worden. Die Ausstellung aller dieser
ehrwürdigen Kostbarkeiten wurde aber erst durch Dekret des Oberstkämmereramtes, Z. 2127, vom 28. De
zember 1826, gestattet, und erst vom 27. März 1827 ist ein Akt des Schatzmeisters an seine Vorgesetzte
Behörde, das Oberstkämmereramt, datiert, worin er um die Begleichung der durch die Neuaufstellung ver
ursachten Kosten ansucht. Es war ein neuer Kasten angeschafft worden. Neben Tischler-, Glaser- und
Schlossermeister tritt aber der uns am meisten interessierende Galanteriehändler Haas auf, der für die an
Kleinodien und Heiligtümern vorgenommenen Reparaturen die Summe von 59 fl- C.-M. erhält. Wahrscheinlich
wurde damals in das Reliquiar für den Span von der Krippe Christi der Thamyras-Intaglio eingefügt und
damals die Stephansbursa mit dem neuen Boden und der neuen Rückwand, von der noch zu reden sein
wird, versehen 9 . Leider ist die Rechnung, die vielleicht näheren Aufschluß geben könnte, nicht mehr er
halten. In den Achtzigerjahren wurden alle Rechnungsbeilagen skartiert.
Die Kaiserkrone und das Reichskreuz.
Diese beiden verehrungswürdigen Gegenstände müssen schon darum im engsten Zusammenhang miteinander
untersucht werden, weil auf beiden der Name Chuonradus vorkommt und es zweifellos das Nächstliegende wäre,
in diesem Chuonradus sowohl der Krone als auch des Kreuzes eine und dieselbe Persönlichkeit zu erblicken.
Zuerst sei teils im Auszug, teils wörtlich all das wiedergegeben, was die Autoren, die sich seit Christoph
Gottlieb v. Murr mit den Kleinodien und Heiligtümern des Römisch-Deutschen Reiches wissenschaftlich
4 Albert Ilg, Album von Objekten aus der Samml. kunstindustr. Gegenstände des a. h. Kaiserhauses. Arbeiten der Gold
schmiede- und Steinschlifftechnik. Wien 1895, Tat. I, S. 7.
5 Der vom 24. März 1489 datierte Ratsverlaß lautet: »Item bei dem Krug und Albrechten Türer fleiß ze thun, daz sie
der k. M* seine angedingte trinckgefeß furderlich verfertigen.« Theodor Hampe, Nürnberger Ratsverlässe. Bd. XII der Quellen
schriften f. Kunstgesch. Wien 1904.
6 Robert Bruck, Das Skizzenbuch von Albrecht Dürer in der Königl. öffentl. Bibliothek zu Dresden. Straßburg i. E.
1905. Taf. 156.
7 Heinrich Wölfflin, Die Kunst Albrecht Dürers. München 1915. Abbildung (nur des einen in Betracht kommenden
Bechers) auf S. 241. Wölfflin datiert die Zeichnung mit 1512/15 gewiß viel zu spät. Sie muß dem Stil nach Ende der Neunziger
jahre entstanden sein.
8 Eine Nürnberger Goldschmiedewerkstätte aus dem Dürer-Kreise. In den Mitt. d. Ges. f. vervielfältig. Kunst. Wien 1915,
S. 37 ff., Abb. (des ganzen Blattes) 17 auf S. 47.
9 Die Daten auf Grund der Schatzkammer-Inventare und -Akten.
Im Anhang I ist ein Teil eines vom 8. Februar 1857 datierten Promemoria, das Regierungsrat Josef Chmel, den damaligen
Vizedirektor des Staatsarchivs, zum Verfasser hat, abgedruckt. Dieser Abschnitt der Denkschrift gibt eine gute Übersicht
über die Geschichte der Überführung der Insignien und Reliquien von Nürnberg und Aachen nach Wien, soweit dies mit
Hilfe der in Wien vorhandenen Urkunden geschehen kann. Anhang II teilt einen lesenswerten Zeitungsausschnitt mit, der
sich mit dem sogenannten Säbel Karls des Großen befaßt.
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