Die weltliche Schatzkammer in Wien.
hinabreichenden J uchstreif ausgezeichnet. Man wird mit einiger Sicherheit in der Figur links einen Mann,
wohl einen König, und in der Figur rechts eine dienende Frau erblicken dürfen. Das dritte Figürchen hält
in der Linken eines jener uns vom Sündenfallstoff her bekannten Drachenköpfchen mit Ohren und vor
gestreckter Zunge, in der Rechten wagrecht einen kurzen Krummstab. Die Figur gegenüber trägt auf der
linken Schulter ein Kind, wahrscheinlich ein Mädchen, mit bereits langem Haar. Mutter und Kind (so
wird sich diese Gruppe wohl am zwanglosesten verstehen lassen) halten in der Hand die gewisse kugel
runde Frucht mit dem Punkt in der Mitte. Die dritte Figur mit dem Drachenköpfchen wird nicht bloß
wegen der Attribute, sondern auch wegen der fußfreien Tracht als Mann anzusprechen sein. Die fünfte
higur hält wieder den szepterähnlichen Stab, von der sechsten sind nur oben die vorgestreckten leeren
Hände und unten eine Ranke zu erkennen. Der ersten Figur auf II b fehlen die Hände. Die zweite hält
wieder ein Szepter, und neben ihr steht anscheinend ein zu klein geratener Faltstuhl. Dieser Figur, mit
der wegen des Szepters und trotz dem langen Haar wohl ein Mann gemeint ist, steht eine Frau gegenüber,
mit zwei Kugeln in den Händen. Von der linken Schulter hängt ihr senkrecht offenbar der gewisse lang
Tuchstreif herab, der aber rechts (durch ein Versehen des Wirkers?) nicht von der Schulter, sondern erst
vom Ärmelende seinen Ausgang nimmt. Etwas ähnliches ist allerdings auch bei der vierten Figur der
Fall, die wahrscheinlich wieder eine Frau darstellt. Auch hier hängt ein langer Tuchstreif von der linken
Schulter herab und ein kürzerer und schmälerer vom Ende des rechten Ärmels. In der Linken hält die
Gestalt wieder die Kugelfrucht. Ihr gegenüber steht offenbar ein Mann, mit fußfreiem, unten zu beiden
Seiten abstehenden Gewand und dem kurzen Krummstab in der Linken. Auch das Figürchen neben ihm,
das sechste und letzte auf II b, ist wegen der freien Füße offenbar ein Mann. Auf dem Haupt hat er
ähnlich wie die erste Figur auf II a eine Bedeckung, die hier aber ähnlicher einem Hut als einer Krone
ist. In beiden Händen scheint er die gewissen Kugelfrüchte zu halten. Rechts unten sieht man eine in
zwei Blüten endigende Ranke (Taf.XIV).
Es ist wohl kaum ein Zufall, daß sowohl auf dem Drachen-, als auch auf dem Sündenfallstoff, nimmt
man jedesmal die beiden Stücke als ein Ganzes, zwölf Figuren Vorkommen.
Auf den aus den Schalen trinkenden Drachenköpfen steht ein umgekehrtes V und aus dessen Spitze
wächst eine Art Bäumchen hervor mit ganz ungegliederten, ziemlich wagrecht gestellten Ästen. Einmal,
bei dem ersten Bäumchen auf II a, zweigt von ihm links unten eine, zwei Blüten tragende Ranke ab.
Sonst sind die leeren Zwischenräume gefüllt mit einem Ornament (meistens unter den Schalen, aus
denen die Drachen saufen), das ein Mittelding zwischen einer Palmette und jener Lilie ist, die auf Sizilien
zur Normannenzeit, wie wir noch sehen werden, eine große Rolle spielt. Ferner mit Tieren, und zwar über
den Schalen, entweder Vögeln oder — ein einziges Mal auf II a über der Schale, senkrecht über dem
Figürchen, das den kleinen Drachenkopf hält — einem Tier, das schwer festzustellen ist. Wegen der
weißen Heftfäden, von denen noch zu sprechen sein wird, wirkt es auf der stark verkleinerten Wiedergabe
hier noch unverständlicher, als es schon an und für sich ist. Die Fäden gehen über seinen Hals hinweg
und machen beinahe den Kopf verschwinden. Das Tier hat kleine Ohren, kurze Beinchen und einen langen,
ziemlich dicken Schwanz. Wäre der Körper nicht so massig und der Schwanz breiter, so könnte man an
ein Eichhörnchen denken. Außerdem gibt es Ranken — über den saufenden Drachenköpfen am rechten
Ende von II b —, die in Vögel- oder Drachenköpfchen ausgehen. Und schließlich finden sich auch hier
wieder die schon auf dem Sündenfallstoff wahrgenommenen buchstabenähnlichen Zeichen: O, 0, G, 3, -0-,
Unten läuft ein Saum mit einer Wellenranke, von der langgespitzte Blättchen ab zweigen.
Der Vogelstoff.
Der dritte Stoff, der Vogelstoff (Taf.XV), ist nicht nur darum schwer zu beschreiben, weil er wegen
des Halsausschnittes oben unvollständig ist, sondern vor allem darum, weil er wegen seines Platzes über
dem Nacken sehr abgescheuert und schlecht erhalten ist. Im allgemeinen bilden die sein Muster gliedernden
Bandstreifen je zwei Achter, deren untere, dickere Bäuche verschlungen und unten offen sind. Diese Enden
zeigen wieder zwei einander zugekehrte Drachenköpfe mit Ohren und herausgestreckter Zunge. Zwischen
je zwei solchen Achterpaaren wächst aus der uns bereits bekannten dreieckigen Zierform ein Baum heraus,
der oben jene ganz schematischen wagrechten Äste trägt, wie sie auch an den Bäumen über den zwei
saufenden Drachenköpfen auf Stoff II Vorkommen. Oben ruht auf einem solchen Baum wieder ein Rund